Im Wissen um die hohe Bedeutung des Schienenpersonennahverkehrs für die Bewohner des Raumes Kissing, insbesondere für mehrere Tausend Pendler nach München oder Augsburg, nimmt die SPD Kissing die veröffentlichten Planungen für den Deutschland-Takt, ergänzt um die Planungen der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), zum Anlass, den künftigen Bedarf des Raumes Kissing in der Nahverkehrsbedienung zu betonen und zu konkretisieren.
Dies erfolgt auch in der Sorge, dass angesichts der zunehmend knappen Kapazitäten im Schienennetz die geplanten Ausweitungen und Vertaktungen des Fernverkehrs und des Güterverkehrs auf der Schiene, so sinnvoll und begrüßenswert sie insgesamt sein mögen, zu einem zunehmenden Konkurrenzdruck auf den Nahverkehr und zu möglichen Nachteilen in der Nahverkehrsbedienung im Raum Kissing führen können. Die Gemeinde Kissing fordert deshalb, auch im Hinblick auf das dynamische Wachstum des Raumes und die auch klimapolitisch erforderliche Verlagerung von Pendlerverkehren auf dem Umweltverbund, dass die zuständigen Stellen in Politik und Behörden eine weitere Verbesserung der regionalen Zugbedienung in unserem Raum zu einer wichtigen Grundlage der weiteren Planung machen.
Konkret stellt die SPD Kissing hierzu folgende 8 Forderungen auf:
1 Weiterhin mindestens Halbstundentakt als Grundangebot zwischen Kissing und München, und zwar mit Fahrzeit Kissing-München-Hbf. in ca. 30 Minuten.
2 Ausdehnung des Halbstundentakts in den Spätabendverkehr.
3 Geplante Regional-S-Bahn S23 Augsburg – Kissing – München – Flughafen (über 2. Stammstrecke, mit vielen Zwischenhalten) nur als Zusatzangebot, nicht aber als schlechten Ersatz für Teile dieses Grundangebots.
4 Bedarfsgerechte, weiteres Pendlerwachstum berücksichtigende Zugkapazitäten, insbesondere durch taktverdichtende Zusatzzüge und Doppelstockzüge in den Hauptverkehrszeiten.
5 Für die Züge der Ammerseebahn (und damit die südlichen Landkreisgemeinden) auch künftig kurze Umsteigezeiten in Augsburg-Hochzoll nach/von Friedberg. Dazu erscheint es zwingend, die veröffentlichten Fahrplankonzepte zu überarbeiten und auch den bereits bestehenden 15-Minuten-Takt zwischen Augsburg und Friedberg beizubehalten.
6 Planung von Zugdichte und Fahrzeiten so, dass der schon lange vereinbarte 15-Minuten-Takt zwischen Augsburg und Kissing endlich verwirklicht wird.
7 Anpassung der Buslinie 102 durch den AVV an veränderte Abfahrtszeiten der Züge so, dass es auch künftig kurze Umsteigezeiten gibt und die Linie 102 konsequent als Zubringer in Kissing genutzt werden kann.
8) Reduzierung der Kapazitätskonflikte mit dem überregionalen Güterverkehr zwischen Augsburg und München durch Prüfung und Realisierung von weiträumigen Alternativkorridoren für diese nicht an die Region gebundenen Güterverkehre.
Die SPD Kissing appelliert insbesondere an die in unserem Raum zuständigen Abgeordneten des Bundes und des Landes, an die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) sowie den AVV und seine Gesellschafter, sich diese Forderungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unserer Region zu eigen zu machen und sich in diesem Sinne zu engagieren.
Dies begründet die SPD Kissing mit folgenden Argumenten:
Täglich nutzen Tausende Pendler aus dem Raum Kissing die Züge nach München. Von erheblicher Bedeutung für den Kissinger Raum ist ferner auch die schnelle und dichte Verbindung nach Augsburg. Hiervon wiederum profitiert auch die Stadt Augsburg in Form von Besucherfrequenz und Verkehrsentlastung. Der vor der Vollendung stehende Ausbau des Augsburger Hauptbahnhofs zur Mobilitätsdrehscheibe zwischen Nah- und Fernverkehr wird diese Bedeutung noch verstärken.
Zwar ist einerseits davon auszugehen, dass auch in der Nach-Corona-Zeit die Bedeutung von Homeoffice gestiegen sein wird, was zu einer gewissen Reduzierung von täglichen Pendlerfahrten führen kann. Andererseits wird diese Möglichkeit, seinen Arbeitsplatz nicht mehr täglich aufsuchen zu müssen, die Wanderungsbewegung ins Umland, raus aus München mit seinen extrem hohen Wohnkosten, eher noch verstärken (und damit gegenläufig zusätzliche Pendlerfahrten generieren). Es ist daher auch künftig mit einem hohen, eher noch steigenden Verkehrsbedarf zwischen dem Raum Kissing und den Städten München und Augsburg zu rechnen.
Der seit Kurzem veröffentlichte, als „final“ bezeichnete Planungsstand für den sog. „Deutschland-Takt“ scheint zwar bisher weiterhin einen halbstündigen Takt zwischen Augsburg – Kissing und München vorzusehen. Dieser würde durch eine neu geschaffene Regional-S-Bahnlinie S23 ergänzt werden, die aber dann im Wesentlichen die Unterwegsbedienung zwischen Mering und München-Pasing übernimmt, womit sie für den Raum Kissing sowohl aus Kapazitätsgründen wie auch wegen der erheblich längeren Fahrzeiten kein attraktives Zusatzangebot darstellt. Ihr Vorteil liegt beim jetzigen Planungsstand jedoch darin, dass die Regionalzüge zwischen Kissing und München-Pasing künftig ausnahmslos ohne Zwischenhalt und dadurch schnell verkehren können.
Das AVV-Konzept für die Region Augsburg sieht die Schiene als Rückgrat eines attraktiven ÖPNV im Verbundraum. Busse dienen als Zubringer zu den Bahnhöfen. Die Gemeinde Kissing ist hier mit dem Park and Ride Halt, der auch eine wichtige Verbindung zwischen Friedberg-Kissing-Mering ist, von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Ein ausreichend leistungsfähiger, schneller und vertakteter Schienenanschluss ist aber Voraussetzung dafür, dass das Konzept auch erfolgreich ist.
Die nach dem Fahrplanentwurf offenbar geplante Verdichtung der Ammerseebahn bringt uns zwar diesem ganztägigen 15-Min.-Takt zwischen Augsburg und Kissing näher. Das aktuell geplante und veröffentlichte Fahrplankonzept wäre gleichwohl nachteilig, weil es erheblich verschlechterte Anschlüsse in Augsburg-Hochzoll mit der Folge längerer Warte- und Fahrzeiten bedeuten würde. Wir setzen uns daher auch für kurze Umsteigezeiten in Augsburg-Hochzoll nach/von Friedberg, auch von/zur Ammerseebahn ein, weswegen wir uns der Forderung nach Erhalt des 15-Minuten-Taktes zwischen Augsburg und Friedberg anschließen.
Die Gemeinde Kissing verkennt nicht die prinzipiell gute Absicht des Bundesverkehrsministeriums und der von ihm beauftragten Planer, mit einem bundesweit vertakteten Fahrplansystem sowohl eine erhebliche Attraktivitätssteigerung im Eisenbahnpersonenfernverkehr als auch im Ferngüterverkehr zu erzielen und stellt diese Zielsetzung auch in keiner Weise in Frage. Gerade dort, wo jedoch begrenzte Kapazitäten im Schienenverkehr zu Konflikten bei Fahrplanlagen führen, wie dies im Bereich Augsburg Hbf. – München besonders exemplarisch der Fall ist, darf die vermeintliche Lösung dieser Konflikte nicht in einer einseitigen Benachteiligung der lokal und regional für viele Tausend Bürgerinnen und Bürger essentiellen Nahverkehrsverbindungen gesucht werden. Vielmehr müssen hier sowohl Möglichkeiten der Kapazitätsverbesserung als auch ggf. Kompromisse in den Fahrplanlagen und Fahrzeiten des Fernverkehrs gesucht werden.
Das erstmals veröffentlichte Taktkonzept für den Güterfernverkehr zeigt im Übrigen eine erhebliche Zunahme der Güterzugtrassen im Korridor Treuchtlingen – Augsburg – München auf, mit geplant 7 Güterzugtrassen pro Stunde und Richtung zwischen Augsburg und München über Kissing. Es erscheint uns sehr plausibel, dass diese Zunahme von (zudem systembedingt meist langsameren) Güterzügen zu einer erheblichen, vielleicht sogar essentiellen Verschärfung der Trassenkonflikte in Augsburg Hbf. und zwischen Augsburg und München, nicht zuletzt mit dem ortsgebundenen Nah- und Regionalverkehr führt. Dabei dürfte es sich wesentlich um langlaufende, teilweise grenzüberschreitende Güterzugverbindungen handeln, die in Augsburg nicht und in München zumindest teilweise nicht behandelt werden, also keine Ortsbindung aufweisen. Es erscheint uns daher notwendig und naheliegend, hier großräumig vermehrt nach alternativen Trassen zu suchen und damit die Zahl der Güterzüge in diesem Korridor gegenüber der Planung zu verringern.
Auch wenn der planerische Horizont des Deutschland-Taktes mit dem Jahr 2030 noch entfernt sein mag, so werden doch offensichtlich bereits jetzt entscheidende Weichen gestellt – was auch die Bezeichnung des aktuellen 3. Fahrplankonzepts als „final“ signalisiert. Umgekehrt wird ein solches deutschlandweites Taktsystem später kaum und nur unter großen Schwierigkeiten noch grundsätzliche Änderungen erfahren. Aus beiden Gründen ist es sehr wichtig, dass sich alle verantwortlichen Kräfte – hierzu zählen wir nicht nur die zuständigen Behörden, sondern besonders auch die örtlich verantwortlichen Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker – umgehend mit der Thematik befassen und sich möglichst im Sinne unserer Forderungen für Korrekturen und Optimierungen der Planungen einsetzen.
Die AVV-Buslinie 102 ist auch der innerörtliche Zu- und Abbringer in Kissing zum Bahnhof. Diese Rolle muss auch bei veränderten Zugfahrplänen beibehalten und gestärkt, die Busfahrpläne müssen also dann entsprechend angepasst werden.